Neuer CVJM-Arbeitszweig entwickelt

Schon vor einigen Jahren kam aus dem hohen Norden (Norwegen) Ten Sing als neues Konzept für die Jugendarbeit zu uns nach Südhessen.

Ein weiteres zeitgemäßes Angebot für unsere Jungen Erwachsenen wurde jetzt im mittelhessischen Aßlar entwickelt: der Spülkreis.

Auf den ersten Blick mag die Frage berechtigt erscheinen: Was soll am Spülen schon interessant sein? (Und wir erinnern uns selbst an endlose Küchendienste in schmierigen, fett-triefenden Räumlichkeiten auf irgendwelchen billigen CVJM-Freizeiten…) Ja, damals hat man als Jugendlicher die Gemeinschaft auch draußen auf dem Sportplatz oder im Wald beim Geländespiel gesucht - oder bei großen Spieleabenden im Freizeitheim. Die Küchendienste waren nur eine unfreiwillige (Straf-)arbeit, eines Freizeit-Teilnehmers eigentlich nicht würdig.

Aber heutzutage schießen die Spülkreise um Aßlar wie Pilze aus dem Boden, verbreiten sich in ganz Mittelhessen und werden hoffentlich auch in Südhessen bald zum festen Angebot der Vereine gehören. Und das kam so: Junge Leute im CVJM Aßlar trafen sich nach einer relativ kurzen Nacht spontan (?) an einem Sonntagmorgen in einer Privatküche zum gemeinsamen Spülen (mit vorherigem Frühstück) und hatten viel Spaß dabei! Der sollte anderen nicht vorenthalten bleiben - und so war die Idee zum Spülkreis geboren!

Wie sieht nun ein solcher Spülkreis aus?

Man vergegenwärtige sich, dass junge Leute heute aus vielfältigen Gründen bereits mit zwanzig Jahren - häufig schon darunter - auf eigenen Beinen stehen, d.h. von zu Hause ausgezogen sind. Diese Leute müssen bereits früh eine kleine Wohnung oder zumindest ein Zimmer ihr eigen nennen - und bewohnen diese(s) häufig auch alleine. Unzweifelhafter Nachteil dieser frühen Selbständigkeit ist die - meist neben Beruf oder Studium zu bewältigende Last der anfallenden Hausarbeit, insbesondere des Geschirrspülens. Anstatt im trauten Kreis der Familie bei wohlig-plätschernden Geräuschen etwas Geschirr durch's prilige Nass zu ziehen, sieht sich der oder die junge Erwachsene in der eigenen Küche riesigen, sich auf dem Spülbrett auftürmenden Eiger-Nordwänden aus Porzellan, Silber und Edelstahl nahezu machtlos gegenüber. (Ein mit Hausarbeit verbrachter Abend ist jedoch ein verlorener Abend.)

Und genau da setzt der findige Gedanke der jungen Leute aus Aßlar an: Sie schlagen den jungen Leuten vor, ihr wochenlang gesammeltes Geschirr doch einfach in einem Wäschekorb (o.ä.) zu deponieren und dann an einem gewissen Abend zum örtlichen Treff des CVJM-Spülkreises mitzubringen. Hier wird dann in lustiger Runde mit lockeren Sprüchen und einigen Gleichgesinnten dem Geschirrchaos zu Leibe gerückt. Da wird gelacht und gescherzt und Schaumschlägerei betrieben, aber die geschickte Leitung des Abends wird es nicht soweit kommen lassen, dass die Besucher sich mit Spüllappen bombardieren oder mit nassen Handtüchern aufeinander einschlagen.

Auch die CVJM-übliche Andacht oder Bibelbesinnung kommt sicher nicht zu kurz:

Als Gedankenanstoß bieten sich Sätze an wie "Was ist reiner, diese Tasse oder dein Herz?". Bibelarbeiten lassen sich halten zu der "reinigenden Kraft des Wassers" oder "die Scherbe unter irdenen Scherben" (Jesaja 45,9).

Innerhalb des Abends wird so das Geschirr (und das Herz ?) der Teilnehmer wieder blitzeblank, wird in den Wäschekorb verstaut und nach Hause transportiert.

Ziele des Spülkreises:

-> weshalb sich diese Konzeption auch für Singles bzw. deren Zusammenführung bestens eignet! (In Aßlar soll es derzeit keine freien (gemeint sind alleinstehenden) jungen Leute mehr geben!)

Eine Weiterentwicklung dieser "normalen" Spülkreisarbeit bietet sich für größere Ortschaften an: Mit einem als "Spülmobil" zugerüsteten Gefährt ziehen junge Menschen von Tür zu Tür, lassen sich schmutziges Geschirr bringen und spülen, dass der Wagen wackelt. In ländlichen Gegenden wird man künftig den Ruf hören: "Schpiiieldinscht - Kumbe, Teller un Tasse - die Schwieermodder werd 'ver Neid erblasse!"

Eine Sonderform dieses "Spüldienstes auf Rädern" wäre - auch um der drohenden Verkaufsminderung von Spülen rechtzeitig entgegenzuwirken - junge Leute (und hier würden sich wieder vorzugsweise Singles eignen), die anstatt draußen im Spülmobil Geschirr zu wässern, dieses gleich direkt in den Wohnungen erledigen würden. Der hintergründige Zweck wird klar: auch hier wären willkommene Berührungspunkte zwischen (hoffentlich!) männlichen und weiblichen Auftraggebern und -nehmern zu erwarten…

Nachdem nun sämtliche Vorzüge der Spülkreisarbeit detailliert geschildert wurden und somit offen liegen, bleibt zu hoffen, dass diese auch bald im südhessischen Raum Einzug halten und vielen jungen Menschen zu neuen Kontakten verhelfen möge.

Dem immer noch - warum eigentlich? - skeptischen oder auch dem überdurchschnittlich wissensdurstigen Leser werden zwei Telefonnummern geboten, unter denen man sich in den nächstgelegen Spülkreis oder zum Praktikum im Spülmobil einladen lassen kann: (0 64 41) 87 45 - regionale Spülkreis-Infostelle Aßlar. (08 15) 47 11 - CVJM-Spülkreis international - ab 1. April '98.

Gerrit Langenbruch