Wort für den Monat März 2006

Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist. (Johannes 11,27)

Liebe Leserin, lieber Leser,

drei Tote hat Jesus auferweckt: 1. die gerade gestorbene Tochter des Jairus, 2. den Jüngling zu Nain auf dem Weg der Beerdigung und 3. Lazarus, der schon am dritten Tag im Grab lag. Dann wurde Jesus selbst auferweckt. Im Alten Testament holen Elija und Elischa die Söhne ihrer Gastgeberinnen ins Leben zurück. Im Neuen Testament erweckt Petrus die Tabita und Paulus den Eutychus. Auch in späterer Zeit wird immer wieder von Totenauferweckungen berichtet. Heute gehört das zum medizinischen Alltag: Jeder Sanitäter beherrscht die Wiederbelebungsmaßnahmen. Vielen ist es gelungen, klinisch Tote aufzuerwecken.

Die Geschichte von der Auferweckung des Lazarus (Johannes 11), aus der der Monatsspruch stammt, führt uns aus der Oberfläche in die Tiefe: Da wird nicht im Vorbeigehen mal schnell einer befreundeten Familie geholfen. Sondern da wird auch die Vorgeschichte erzählt: Jesus weiß, dass Lazarus krank ist und trödelt herum, statt sofort seinen Freund zu besuchen. Wie er schließlich doch hinkommt, kommt, ist's zu spät: Vorgestern war die Bestattung. Das einzige, was Jesus noch tun kann, ist die Schwestern trösten und auf den Friedhof gehen. Nein, er kann noch mehr tun: Er ruft Lazarus ins Leben zurück und der Tote kommt aus seiner Grabhöhle wieder lebendig heraus.

Der Evangelist Johannes gestaltet diese Geschichte aus zu einem Lehrstück über das ewige Leben. Zu diesem Zweck bringt er ausführlich ein Gespräch mit der Schwester Martha: Sie teilt die jüdische und christliche Überzeugung, dass die Toten und auch Lazarus am Jüngsten Tag auferstehen werden. Jesus eröffnet ihr ganz neue Dimensionen: "Ich bin die Auferstehung und das Leben." Wer an Jesus glaubt, hat das ewige Leben jetzt schon, nicht erst nach dem Tod oder am jüngsten Tag. Ob Martha das versteht? Ob sie es glauben kann? Sie antwortet mit einem formal richtigen Glaubensbekenntnis: "Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist." Damit bricht das Gespräch ab. Martha hat alles gesagt, was zu sagen ist.

Die Botschaft dieser Geschichte ist also ganz anders, als es auf den ersten Blick aussieht: Das Happy End, dass Lazarus tatsächlich aufersteht, ist gar nicht mehr so wichtig. Woran Martha bisher geglaubt hat, an die Auferstehung am Jüngsten Tag, auch nicht. Auch nicht die Hoffnung in den Himmel zu kommen oder dass die Seele in einem neuen Körper wieder geboren wird. Das revolutionär Neue: "Wer an Jesus glaubt, hat das ewige Leben", und zwar heute schon (Johannes 6,47), der gehört zu einer anderen Welt und lebt jetzt schon aus einer anderen Welt. Dieses Leben kann durch keine Katastrophe und keinen Tod vernichtet werden.

Wie machen wir das, an Jesus glauben? Für den Evangelisten war es wichtig, dass wir die richtige Meinung über Jesus haben: Er ist der Messias (Christus), der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist. Damit grenzt sich der Gläubige gegen andere Meinungen ab. Ist das der Glaube, von dem Jesus redet?

Jakobus kritisiert dieses bloße Fürwahrhalten: "Die Teufel glauben auch an Gott und zittern vor Angst, wenn sie an ihn denken." (Jakobus 2,9) Was soll uns das helfen, wenn wir die angeblich richtige Meinung haben und die Wahrheit zu kennen glauben?

Jesus erwartet von uns keine richtigen Lehrmeinungen, sondern dass wir ihm etwas zutrauen. Er konnte in Nazareth keine Kranken heilen, weil man ihm nichts zugetraut hat und die Kranken daheim ließ. Den Lazarus hätte er gar nicht auferwecken brauchen, weil Lazarus als sein Freund selbstverständlich mit Jesus untrennbar verbunden war und daher das ewige Leben hatte.

Glauben ist nicht, wenn man sich das Hirn verrenkt und Absurdes für wahr hält, sondern wenn wir unser Herz öffnen und Jesus darin wohnen lassen Wie Lazarus und seine Schwestern. Eigentlich ganz einfach.

Mit freundlichen Grüßen

H. Tischner