Monatsspruch Oktober 2013

Vergesst nicht, Gutes zu tun und mit anderen zu teilen; denn an solchen Opfern hat Gott Gefallen. (Hebräer 13,16)

Liebe Leserin, lieber Leser,

durch die ganze Bibel zieht sich wie ein roter Faden das Thema Opfer: Kain und Abel opferten einen Teil ihrer Einkünfte, Noah brachte ein Dankopfer dar für seine Rettung. In der Thora stehen lange Abschnitte mit Opfervorschriften. Der Hebräerbrief setzt sich mit den Opferbräuchen auseinander, hat aber nicht die Riten vor Augen, die tatsächlich vollzogen wurden, sondern die Angaben des Alten Testaments. Für ihn hatte das Selbstopfer Christi am Kreuz das ganze komplizierte Brimborium unnötig gemacht.

Am Schluss kommt die überraschende Wende: Er knüpft an das an, was schon die Propheten gepredigt hatten: Gott hat keine Opfer, sondern anständiges Verhalten verlangt, das ist vor ihm wohlgefällig.

"Wohlgefällig" war ein Ausdruck aus dem Sprachgebrauch der Priester: Gott gibt sich nur mit dem Besten zufrieden. Makellose und gesunde Opfertiere sind ihm willkommen, andere wurden abgelehnt. Kein Wunder, denn die Priester (nicht Gott) lebten von den Opfergaben und verdienten auch am Handel. Schon die Propheten setzten dagegen: Gott wohlgefällig sind nur gute Taten. Jesus und die Apostel, auch der Hebräerbrief greifen diesen Gedanken auf: Gott akzeptiert nur "Wohltun und Mitteilen" (Luther).

"Mitteilen", das klingt nach pausenlos reden und simsen, die Welt mit Worten zumüllen. Die Einheitsübersetzung und die neue Lutherbibel schreiben daher sinngemäß richtiger: "mit anderen teilen", etwas abgeben von dem, was wir haben, wie es schon Johannes der Täufer gefordert hatte: "Wer zwei Tuniken (Hemden, Blusen, T-Shirts) hat, gebe dem eine, der keine hat." Wow, was ein Luxus! Wie viele Kleidungsstücke haben wir?

"Teilen" ist was anderes als opfern, spenden oder Überflüssiges weitergeben. Ich denke da an den heiligen Martin, der seinen einzigen Umhang buchstäblich mit einem Bettler geteilt hat, die eine Hälfte dir, die andere mir, da braucht keiner zu frieren. Das war ein Extremfall. Normalerweise teilen wir einen größeren Vorrat, damit jeder etwas hat.

Teilen ist eigentlich ganz normal: Bei Festen bringen die Gäste Kuchen mit, von den Resten darf jeder was mitnehmen. Kinder wachsen aus ihren Kleidern schnell heraus, die werden in der Verwandtschaft weitergegeben. Fotos werden für einen Interessentenkreis ins Netz gestellt. Wir erzählen unsre Erlebnisse, schreiben sie in Briefen oder Blogs und lassen andere daran teilhaben. Da kommen wir ganz schnell vom Teilen zum Mitteilen, neudeutsch Kommunizieren.

Es gehört zum Wesen der Gemeinschaft, dass wir aneinander teilhaben lassen, an materiellen Gütern wie an unserm Leben, unsern Gedanken. Leider erfahren wir Christen immer wieder, dass wir ausgebremst werden, wenn es um unsern Glauben geht. Kaum jemand interessiert sich dafür. Sollen wir trotzdem drüber reden und "unsre Perlen vor die Säue werfen"? Das wäre reden wollen, aber nicht zuhören. Anders ist es, wenn wir Vertrauen zueinander haben. Mit Knallköppen und Rechthabern kann man nicht reden. Mit Atheisten und Andersgläubigen schon – wenn wir bereit sind, auch auf sie zu hören.

"Mitteilen" ist nämlich nicht überhäufen, sondern geben und nehmen. Oder, wie Jesus gesagt hat: nicht herrschen, sondern dienen.

Mit freundlichen Grüßen

Heinrich Tischner