Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. (Matthäus 5,44)

Liebe Leserin, lieber Leser,

auch im Juni möchte ich Jesus selbst zu Wort kommen lassen. Er verlangt mit der Feindesliebe Unmögliches von uns.

Nicht weil es unmöglich ist den zu lieben, den ich hasse. Wenn sich der Hass wirklich in meinem Herzen eingenistet hat, ist es zu spät. So weit müssen wir's doch gar nicht kommen lassen. Der Feind ist der, der mir Böses will. Mir ist es ein paarmal so ergangen, dass ich jemand auf seinen Hass angesprochen habe. Er war ganz überrascht und hatte gar nicht gemerkt, dass er aggressive Gefühle (gegen andere, nicht gegen mich) äußerte. Der Mitmensch, der mich dauernd ärgert, mich schikaniert, mir Steine in den Weg legt, merkt es vielleicht auch nicht, dass er mich "hasst". Er hält das vielleicht für den normalen Umgangston oder glaubt sich vielleicht im Recht. Was tun? Mit gleicher Münze zurückzahlen und damit Öl ins Feuer gießen? Nicht so empfindlich sein und ignorieren? Der Elefant kann sich's leisten, den Löwen brüllen zu lassen. Der kann ihm nichts tun.

Ich kannte einen, eine Seele von einem Mann, aber wenn er sich geärgert hatte, war er gleich auf 150 und drohte mehrmals aus der Kirche und der Feuerwehr auszutreten (blieb aber brav Mitglied). Ich kannte ihn, nahm ihn, wie er war und kam gut mit ihm, zurecht.

Punkt 3 der Feindesliebe: Nimm den anderen, wie er ist und versuche ihn zu verstehen. - Punkt 2 steht schon im Alten Testament: "Wenn dein Feind Hunger oder Durst hat, dann gib ihm zu essen und zu trinken." (Sprüche 25,21) Gib ihm nicht, was er deiner Meinung nach verdient, sondern was er braucht. - Punkt 1 nennt Jesus: Orientiert euch an Gott, der macht auch keinen Unterschied zwischen Gläubigen und Ungläubigen, Guten und Bösen. Licht und Wärme der Sonne und den im trocknen Orient dringend benötigten Regen spendet er allen. Und da alle keine "Engel" sind, kriegen auch alle in gleicher Weise ihr Donnerwetter ab.

Unmöglich ist Feindesliebe nicht, das geht schon. Aber wenn ich mich daran halte, bin ich von allem ausgeschlossen, wo es darauf ankommt zu gewinnen: beim Sport, bei anderen Wettbewerben, bei der Karriere, bei Wahlen, in der Wirtschaft. Kann man da noch kämpfen und gewinnen wollen, wenn man im anderen keinen Gegner, Konkurrenten, Rivalen, Kontrahenten sieht, sondern einen Mitmenschen, den man zu verstehen versucht?

Es ist nicht so selbstverständlich, wie es heute scheint, dass das Leben ein Kampf aller gegen alle ist. Jesus hat uns einen anderen Weg gezeigt, nicht gegeneinander, sondern miteinander. Lasst uns die Welt mit den Augen Gottes sehen, vor dem unsre Streitigkeiten, Meinungsverschiedenheiten, Eigeninteressen und Rivalitäten gegenstandslos sind. Denn in ihm finden alle Gegensätze zu einer höheren Einheit zusammen.

Herr Jesus, komm vom Himmel auf die Erde zurück, in unser Leben, in unsre Welt, und fang mit uns neu an das Reich Gottes Wirklichkeit werden zu lassen.

Mit freundlichen Grüßen

Heinrich Tischner