Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen. (Matthäus 6,19)

Liebe Leserin, lieber Leser,

auch im September möchte ich Jesus selbst zu Wort kommen lassen. Er verbietet uns Schätze zu sammeln.

Vor Jahrzehnten las ich "Sein und Haben" von Erich Fromm. Er kritisierte unsre Haltung, die meint sammeln und haben zu müssen. Beeindruckt hat mich seine Beschreibung des modernen Menschen, der sich nicht an der Pracht von Blumen freuen kann, ohne sie zu pflücken, sich anzueignen und einem vorschnellen Tod auszuliefern. Genauso arbeiten unsre Forscher: Früher hat man Frösche beobachtet und ihr Aussehen, ihr Verhalten und ihren Nutzen oder Schaden für uns beschrieben. Heute wollen wir auch wissen, wie der Frosch innen aussieht - und machen ihn kaputt. Wir eignen uns in unserm Forschungseifer Wissen an – oft um den Preis, dass wir das Untersuchte zerstören. Vielleicht den letzten Überlebenden einer seltenen Art.

Es sind nicht nur Gegenstände, die wir besitzen wollen, auch Lebewesen, vom lebenden Hund bis zu aufgespießten Schmetterlingen und zur Jagdtrophäe. Ja sogar vor Menschen macht unser Besitzdenken nicht Halt. Ich "habe" eine Frau, vier Kinder, sechs Enkel. Aber sie gehören nicht mir. Sie sind selbständige Wesen, denen ich verpflichtet bin. Besser also nach Fromm: Nicht ich "habe", sondern "bin": Ehemann, Vater, Großvater.

Als ich die letzte Seite gelesen hatte, machte ich das Buch zu und stellte es ins Regal. Dann hörte ich auf Briefmarken zu sammeln. Ich habe auch Bücher gesammelt. Aber bald merkte ich, dass es sinnlos ist, Unterhaltungsliteratur zu kaufen. Die liest man meist nur einmal. Fachbücher ja, aber viele habe ich auch nur einmal gelesen und glaubte dann Bescheid zu wissen. Bei jedem Umzug merkte ich, wie viel Unnötiges sich angesammelt hatte, was ich meinte haben zu müssen und dann doch nicht mehr brauchte.

Jesus riet dem "reichen Jüngling": Verkaufe alles was du hast und gib's den Armen." Das war damals sicher leichter als heute. Aber der junge Mann brachte es nicht übers Herz (Markus 10,17-22).

Jesus geht es hier aber nicht um Sammelleidenschaft, Habgier und Besitzdenken. Er stellt den vergänglichen irdischen Schätzen die unvergänglichen himmlischen gegenüber. Meint er damit immaterielle Güter, nach denen es sich zu streben lohnt? Der König Salomo soll ein leidenschaftlicher Sammler gewesen sein: tausend Frauen, Personal, Schätze, Untertanen, Gebäude, Schiffe, Rüstung… Am Anfang seiner Regierungszeit sagte Gott, er dürfe sich was wünschen. Er schrieb seinen Wunschzettel, aber all das stand nicht drauf, sondern nur "ein weises Herz". Das bekam er auch und alles andere, was er sich nicht gewünscht hatte, dazu (1. Könige 3). Weisheit ist ein hohes Gut. Wer clever ist, kann sich alles andere leisten. Sagen wird heute.

Aber Jesus meint nicht Wissen, Bildung, Weisheit. All das hört auf, wenn unser Hirn seine Tätigkeit einstellt. Jesus meint auch nicht christliche Rekorde und Erfolge (Beten, Bibellesen, Wundertun, Bekehrungserfolge, Gruppen gründen), gute Werke (andern helfen, Gruppen leiten, Freizeiten durchführen, Verantwortung übernehmen). Das zerrinnt in unsern Händen. Am Ende ist doch alles vergeblich gewesen. Sogar unsre Sünden. Am Ende stehen wir vor Gott mit leeren Händen. Der fragt nicht: "Zeig mal deine Medaillen und Trophäen". Er interessiert sich auch nicht für meine Zeugnisse und Vorstrafenregister, sondern sagt, "Da bist du ja endlich. Willkommen zu Hause! Komm rein, das Essen ist fertig. Wir haben nur noch auf dich gewartet." Das ist der Schatz: die himmlische Heimat.

Herr Jesus, komm vom Himmel auf die Erde zurück, in unser Leben, in unsre Welt, und fang mit uns neu an das Reich Gottes Wirklichkeit werden zu lassen.

Mit freundlichen Grüßen

Heinrich Tischner