Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen. (Matthäus 6,33)

Liebe Leserin, lieber Leser,

auch im Oktober möchte ich Jesus selbst zu Wort kommen lassen. Er rät uns Prioritäten zu setzen, das heißt: das Wichtigste zuerst!

Dieser Vers schließt einen längeren Abschnitt über das Sorgen ab: "Sorgt nicht für Lebensmittel und Kleider. Die Vögel und Blumen arbeiten nicht und euer himmlischer Vater ernährt sie doch und kleidet die Blumen prächtiger als den sagenhaft reichen König Salomo."

Ein Lob der Faulheit? Wie kommt es aber, dass gerade die christlichen Nationen heute die reichsten und ehrgeizigsten sind? Haben sie Gott einen guten Mann sein lassen wie die Spatzen und Mohnblumen? Oder haben sie sich nicht an das Wort Jesu gehalten? Nein, sie haben auch den Abschlussvers gehört und "nach dem Reich Gottes getrachtet", also erkannt (und inzwischen wieder vergessen), dass es Wichtigeres gibt.

Ich habe in meiner Jugend Menschen kennengelernt, die mussten hart arbeiten, damit ihre Familie Kleider und Essen hatte. Viele hatten nebenher noch ein bisschen Landwirtschaft, damit sie ihr Brot und Fleisch nicht kaufen mussten. Freizeit war knapp. Das Geld hat gerade zum Leben gereicht, aber nicht für den Urlaub. Sie haben rund um die Uhr geschafft. Außer am Sonntag. Da konnten sie endlich ausschlafen? Denkste! Die saßen morgens in der Kirche und einige nachmittags zusätzlich in der Bibelstunde. Denn "der Mensch lebt nicht vom Brot allein" (Matthäus 4,4). Sie hatten höhere Interessen. Arbeit musste sein, aber das war nicht alles. Sie waren nicht arbeitssüchtig, sondern bibelsüchtig. Die Bibel gab ihnen Lebensregeln und Zuversicht, und die Arbeit hielt sie davon ab, zu weltfremden Spinnern zu werden.

Unser Leben würde ganz anders aussehen, wenn wir uns in allem an Gott orientieren würden. Das wurde mir neulich klar an einer Zeitungskarikatur: Da werden Hitler und Stalin gemeinsam in einem Kessel im Wasserbad auf kleiner Flamme gewärmt. Hinten steht ein finster blickender Teufel mit Dreizack. Hitler hat eine Zeitung in der Hand, deren Schlagzeile man lesen kann, und unterhält sich mit seinem Erzfeind Stalin darüber. Da kam mir der Gedanke: Die beiden hätten nie damit gerechnet, dass sie mal zusammen in einem Kessel sitzen und sich offensichtlich vertragen würden. Warum denn nicht gleich? Warum erst mal Millionen von Menschen den eigenen Machtgelüsten opfern? Muss man da erst im Jenseits sein, um Frieden halten zu können? Im Himmel wird's auch nicht anders zugehen, denn die zukünftigen Himmelsbewohner sind ja auch nicht immer friedfertig: auf der Erde wie Hund und Katz, und doch alle Gäste an Gottes Tisch. Kann das gut gehen? Es wird und muss gut gehen. Denn Gott ist ein Gott des Friedens. In seinen Augen vereinigen sich alle Gegensätze zu einer höheren Einheit.

Neulich war ein Foto in der Zeitung, wie die Venus sich vor die Sonne geschoben hat. Dieser Planet ist ungefähr so groß wie die Erde und doch vor dem riesigen Sonnenball nur ein winziges Pünktchen. Was bilde ich Menschlein mir ein, wer ich bin? Nicht der Mittelpunkt des Universums, nur ein winziges Etwas, ein bisschen mehr als nichts. An solchen Bildern kann man Demut und Bescheidenheit lernen. Wem etwas aufgegangen ist von der Größe Gottes, seiner höheren Weisheit und seiner unendlichen Liebe und Barmherzigkeit, lernt ganz anders zu leben und sieht die Welt mit anderen Augen.

Von daher lernen wir auch unsre Nachziele in einem anderen Licht zu sehen. Beispiel der "Reiche Kornbauer", der sich durch Vorratshaltung die Zukunft sichern will (Lukas 12,15-21): "Du Narr, diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern." Er war ein Narr, weil er nur an seinen Bauch gedacht hat. Liebe Leserin, lieber Leser, betrachtet doch mal euch, eure Ziele und die ganzer Welt mit den Augen Gottes. Was ist denn dann wirklich wichtig?

Herr Jesus, komm vom Himmel auf die Erde zurück, in unser Leben, in unsre Welt, und fang mit uns neu an das Reich Gottes Wirklichkeit werden zu lassen.

Mit freundlichen Grüßen

Heinrich Tischner