Monatsspruch November 2018

Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann. (Offenbarung 21,2)

Liebe Leserin, lieber Leser,

der Seher Johannes schreibt kein Geschichtsbuch der Vergangenheit, sondern wie die Weltgeschichte in Zukunft weitergehen soll: Die Welt treibt unaufhaltsam ihrem Ende entgegen; von Katastrophen geschüttelt bricht sie schließlich auseinander. Der Teufel macht sein Spiel, aber Gott ist am Ende stärker. Denn das Ende der Welt ist auch das Ende von Tod und Teufel. Gott macht alle Toten wieder lebendig; die Gerechten dürfen in einer erneuerten Welt weiterleben; die anderen verfallen dem ewigen Tod.

Wenn wir aber genauer hinsehen, merken wir, dass der erste Eindruck nicht stimmt: Es ist keine gradlinige Entwicklung, sondern mehr eine Wellenbewegung. Die Katastrophen und andere Ereignisse wiederholen sich, ohne dass die Welt dran kaputt geht. Das ist ungefähr so, wie wenn wir am Strand des Meeres stehen und sehen, wie ein Brecher nach dem anderen an die Küste donnert. Wo kommt denn das viele Wasser her und wo geht es hin? fragen wir uns. Der Fachmann belehrt uns: Das ist immer wieder dasselbe Wasser, das von immer wieder neuer Energie an den Strand geworfen wird. So passiert auch auf der Welt nichts Neues, sondern es sind immer wieder dieselben Ereignisse. Genauso sagt uns Jesus: Auch die schlimmsten Katastrophen sind noch nicht das Ende der Welt. Geratet nicht in Panik!

Johannes kündigt zwar an, dass die neue Welt Gottes erst erschaffen wird, wenn die alte Welt kaputt gegangen ist. Aber er lässt durchblicken: Die in der neuen Welt leben werden, die waren alle schon gestorben und sind von Gott nieder auferweckt worden. Die neue Welt Gottes wird unter irdischen Bedingungen zu unseren Lebzeiten nicht Wirklichkeit; sie erwartet uns tatsächlich nach dem Tod.

Drüben in der neuen Welt gibt es Dinge, die wir hier auch haben und kennen: eine Stadt, in der Menschen wohnen; wir erfahren später, dass diese Stadt auch Mauern und Tore hat - obwohl man nicht so weiß, wozu das gut sein soll, denn die Tore werden nicht zugemacht, da braucht man ja eigentlich auch keine Stadtmauer. Aber das war halt damals so. Daran sehen wir, dass alle unsre Bilder unvollkommen sind.

Wenn doch alles so ist wie bei uns, was ist dann neu und anders in dieser neuen Welt? Neu und anders wird sein, sagt Johannes, dass Gott mitten unter den Menschen wohnt und die Menschen ganz selbstverständlich Gott bei sich haben werden.

Das ist nun allerdings für uns auch nichts Neues und Anderes, als wir's bisher auch haben. Denn Gott wohnt doch schon unter uns. Er wohnt in unsren Herzen und in unsren Gemeinden und wird Wirklichkeit überall da, wo Menschen seinen Willen tun. Johannes deutet also an: Im Jenseits ist es auch nicht anders als bei uns. Wenn wir hier mit Gott leben, dann wird Gott drüben auch mit uns leben. Damit ändert sich für uns nichts. Aber wenn wir hier ohne Gott leben, dann werden wir drüben trotzdem mit Gott leben müssen, und das stell ich mir etwas unbequem vor, wenn man das nicht gewöhnt ist. Der Unterschied zwischen Himmel und Hölle ist vielleicht bloß der, dass die einen hier gelernt haben, mit Gott zu leben, und können's dann im Jenseits, und die andern haben's nicht gelernt und können's dann im Jenseits auch nicht.

Was uns heute ein bisschen an Gott stört ist, dass wir ihn nicht sehen, sondern bloß im Glauben erfassen können. Drüben, so glauben wir, werden wir ihn sehen können. Ich weiß nicht, ob das so richtig ist. Vielleicht können wir drüben Gott auch nur sehen, wenn wir Ihn hier mit den Augen des Glaubens sehen gelernt haben. Es entscheidet sich halt alles hier auf der Erde. Im Himmel lässt sich nichts mehr ändern.

Was ist uns von all dem am wichtigsten? Die goldenen Gassen im neuen Jerusalem? Dass wir unsre Lieben wiedersehen? Dass wir drüben alle Unannehmlichkeiten des irdischen Daseins überstanden haben? Das ist alles ganz schön; wie's drüben wirklich ist, weiß ich nicht. Das sind alles bloß Bilder. Denn es fehlen uns die Worte, etwas zu beschreiben, was wir nicht kennen. Worauf mir's ankäme, ist, dass ich drüben genau so bei Gott sein darf, wie er jetzt schon bei mir ist, und dass ich auch drüben die Verbindung zu meinem Herrn Christus nicht verliere. Alles andere ist mir egal; wenn Christus bei mir ist, dann ist Himmel sogar in der Hölle.

Mit freundlichen Grüßen

Heinrich Tischner