Monatsspruch Dezember 2020

Das aber ist ein Fasten, an dem ich Gefallen habe: Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! (Jesaja 58,6+7)

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich las mal ein Kinderbuch von einem kleinen Buben. Der hatte sich über seine großen Brüder geärgert und dachte: "So, zur Strafe schlafe ich heut Nacht nicht. Das habt ihr davon!" Bis er merkte, dass er sich ja damit selbst bestrafte. Ähnlich scheint es den Menschen in der Bibel gegangen zu sein: Die glaubten, sie könnten Gott einen Gefallen tun, wenn sie nichts aßen. Und mit dem Hintergedanken: "Jetzt musst du uns aber auch mal einen Gefallen tun…"

Das ist doch kindisch, oder? Könnte man sagen, wenn es nicht die Vorschrift gegeben hätte, dass man am "Volkstrauertag" fasten musste, in Erinnerung an die Zerstörung von Jerusalem. Ähnlich haben wir's auch in unsrer Zeit: Am Karfreitag, dem Todestag Jesu, und am Karsamstag ist Tanzverbot. Dagegen wird schon lange gemosert: "Wir lassen uns den Spaß nicht verbieten!" Und noch aktueller: Corona. Wie furchtbar, dass es keine Veranstaltungen mehr geben darf! Weder Partys noch volle Kirchen! Wie wird das werden an Weihnachten, wenn wir uns nicht mehr besuchen können? Was ist mit den Kranken in den Kliniken, die keinen Besuch mehr bekommen dürfen? Das ist auch eine Art Fasten, Verzichten, aber unfreiwillig. In der Werbung zeigen schlanke Frauen in übergroßen Hosen, wie viel sie innerhalb weniger Wochen abgenommen haben, angeblich. Freiwillig hungern ist seit einem halben Jahrhundert in, nicht aus religiösen und weniger aus gesundheitlichen Gründen, sondern weil mager als schön gilt.

Andere hungern unfreiwillig, weil sie nichts zu essen haben. Weltweit verhungern jeden Tag 24.000 Menschen. Jeder Sechste in Deutschland lebt "an der Armutsgrenze", ihm steht weniger Geld zur Verfügung als er braucht. Jeder Tausendste hat keine Wohnung, zum Teil, weil die hohen Mieten zu teuer sind. Der Denkmalschutz ist wichtiger als bezahlbarer Wohnraum.

Die Juden zur Zeit Jesajas fasteten aus Trauer um ihre verlorene Heimat. Wie viele Menschen haben heute ihre Heimat verloren? Vielleicht sollten auch wir aus Solidarität mit ihnen und den Wohnungslosen und Verhungernden fasten. Wir kaufen, verbrauchen, horten ja viel zu viel, ich auch. Mehr als wir brauchen. Gerhard Tersteegen hat's treffend erfasst:

Man muß wie Pilger wandeln, Frei, bloß und wahrlich leer;
Viel sammeln, halten, handeln Macht unsern Gang nur schwer.
Wer will, der trag' sich tot! Wir reisen abgeschieden,
Mit wenigem zufrieden, Wir brauchen's nur zur Not.

Aber Jesaja hat eine bessere Idee: Nichts essen hilft keinem. Mit den Hungernden teilen, Wohnungslose aufnehmen und Nackten Kleider geben ist besser.

Wir sammeln an Weihnachten traditionell für Brot für die Welt. In die Kollekte am Heiligen Abend werden wir wohl nichts geben können. Kollekte ist eh mega out. Heutzutage spenden wir online:

Brot für die Welt IBAN: DE10 100610060500 500500 BIC: GENODED1KDB Bank für Kirche und Diakonie

Mit freundlichen Grüßen

Heinrich Tischner