Monatsspruch März 2022

Hört nicht auf, zu beten und zu flehen! Betet jederzeit im Geist; seid wachsam, harrt aus und bittet für alle Heiligen. (Epheser 6,18)

Liebe Leserin, lieber Leser,

hurra, ich hab ein Telefon! Bisher konnte ich wegen meiner Schwerhörigkeit nicht mehr telefonieren. Dank eines Zusatzgeräts ist das seit anderthalb Jahren wieder möglich. Ich kann aber auf den winzigen Tasten kaum richtig tippen. Und wenn jemand anruft, brauch ich so lange, bis ich das Zusatzgerät in der Hand und richtig angeschaltet habe, dass das Gegenüber schon wieder aufgelegt hat, bis ich so weit bin. Ich bin zu alt dafür und mir fehlt die Übung. So fällt es mir schwer, mit Verwandten und Bekannten zu sprechen und Kontakt zu halten.

Beten ist Kontakt halten mit Gott.

Das Wort beten ist eine andere Form von bitten 'einen Wunsch aussprechen'. Ich weiß gar nicht, was ich mir zum Geburtstag oder zu Weihnachten wünschen soll. Ich hab ja alles, was ich brauche. Man kann einem ganz schön auf die Nerven gehen, wenn man nicht nur zweimal im Jahr, sondern jeden Tag oder gar mehrmals am Tag zu ihm kommt und sagt "Kannst du mir mal…?" Und wenn man das dann so ganz selbstverständlich in Anspruch nimmt ohne danke zu sagen, ist's mit der Freundschaft schnell aus.

Aber danken ist mehr als nur eine Frage der Höflichkeit. Psalm 103,2 "Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat" leitet uns an unser Leben zu verstehen. Heute gehört es fast zum guten Ton den Mund aufzumachen und zu sagen, was uns nicht gefällt. Wir steigern uns da in eine Unzufriedenheit hinein, wenn wir uns "beschweren". Und was haben wir davon? Wir machen uns und anderen das Leben "schwer" damit, ohne viel zu erreichen. Mit Dankbarkeit machen wir's uns und anderen leichter und schöner.

Zum Beten und Bitten gehört Danken. Klar. Aber auch das ist noch nicht alles.

Als ich im Kindergarten war, teilte die "Tante" die Täschchen mit dem Pausenbrot aus: "Walter" - "Bitte-danke". "Linde" - "Bitte-danke", so ging das schematisch weiter, bis alles verteilt war.

Beten ist nicht nur "Bitte-danke" sagen, sondern Kontakt halten mit Gott. Wie beim Telefon. "Ich wollte mal wieder deine Stimme hören" und nicht nur "Weißt du das Neuste?"

Vor der Konfirmation ließ ich die Konfirmanden einen Aufsatz schreiben: "Wozu ist es gut, dass ich an Gott glaube?" Mir ist noch eindrücklich in Erinnerung, dass eine Konfirmandin schrieb: "Ich kann Gott alles sagen." Und eine andere: "Er hört mir zu und quatscht mir nicht dazwischen."

Oder doch? Ich hab schon in meiner Jugend gemerkt, dass mir manche Bitte im Hals stecken blieb. Auch auf diese Weise lernte ich Gottes Willen zu erkennen und zu achten. Jesus hat das so ausgedrückt: "Nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe." (Lukas 22,42) So können wir uns mit Gott einigen. Und das ist für mich das Wichtigste beim Beten: Dass Er und ich einig werden. Wenn ich will, was Er will, kann ich gar nichts anderes wollen als Er - und Er kann mir nebenbei auch mal einen Wunsch erfüllen, scheinbar. Denn ich kann nicht mehr alles wollen und um alles beten.

Und es geht ja gar nicht nur um mich und meine engstirnigen Wünsche und Bedürfnisse. Es geht doch auch um die Menschen, mit denen ich zu tun habe. Das meint der Apostel, wenn er schreibt: "Bittet für alle Heiligen" und auch die Unheiligen.

Mit freundlichen Grüßen

Heinrich Tischner

Schreib mir doch mal: http://www.heinrich-tischner.de