Andacht Februar 2023

Glaube als Lebenshilfe

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich hab die letzten Wochen drüber nachgedacht, dass "glauben" noch eine andere Bedeutung hat, als ich bisher dachte:
für wahr halten, als Gegenteil von wissen: sowieso nicht,
Gottvertrauen: ja,

aber jetzt auch persönliche Lebensdeutung und Erkennen der Lebenslinien. Und da bietet uns unser überlieferter "Glaube" eine Menge Deutungsmuster wie

Führung:

Ich bin nicht blind ins Leben hineingestolpert. Sondern ich wurde meinen Weg geführt und bekam an allen Wendepunkten einen Hinweis, wie's weiter geht. Beispiel:
Schon am Anfang des 6. Schuljahrs prophezeite mir ein neuer Mitschüler, dass ich Pfarrer werden würde. Ich glaubte ihm nicht und hab mich auch lange gesträubt. Aber kurz vorm Abitur empfahl mir mein Religionslehrer eindringlich: "Tischner, Sie müssen Pfarrer werden."

Stern, auf den ich schaue:

Gott ist für mich ein Orientierungspunkt. Daher weiß ich: Ich bin nicht der "Nabel der Welt", sondern nur ein winziges Puzzelteilchen. Ich bin zwar ein geborener Besserwisser, aber ich glaube, dass es eine Wahrheit und Ordnung außerhalb von mir selbst gibt. Daher kann ich irren und Fehler machen - und beides zugeben und alte Irrtümer verbessern.

Bewährungsprobe:

Bevor Jesus seine Tätigkeit begann, wurde er vom Teufel "versucht", der ihm drei Aufgaben stellte. Das haben wir alle schon erlebt bei Prüfungen: Da sitzt du da und schwitzt Blut und Wasser, weil dich einer aufs Glatteis führen will. Der meint es aber gut. Er will dir die Gelegenheit geben zu zeigen, was du weißt und kannst. So habe ich Anfeindungen, Verlust, Krankheit verstehen gelernt: als Bewährungsproben für mich.

Gebetserhörung:

Wer nicht betet, kann auch nicht erfahren, dass Gebete erhört werden. 2003 war ein sehr trockener Sommer. Ich betete im Gottesdienst um Regen - und nach einigen Tagen hat's wirklich geregnet. Zufall? Gebetserhörung? Vorahnung? Ich hatte in der Tat schon früh den Eindruck, dass ich zum Beten um etwas gedrängt wurde, was schon längst angebahnt war: Beten ist so mit Gott eins werden, dass sein Wille mein Wille wird. Aber auch das kann man nur erleben, wenn man betet.

Wunder:

Ich war mal mit einer Gruppe auf einer Abendwanderung im Westerwald. Ein Teilnehmer und ich gingen hinten und wir waren so ins Gespräch vertieft, dass wir den Anschluss verloren hatten und falsch abgebogen waren. Als wir's merkten, war's zu spät, mutterseelenallein in einer unbekannten Gegend. Da kamen in der Dunkelheit mitten im Wald zwei Autos, nahmen uns mit und brachten uns zum Ziel. Können Engel Auto fahren? Wahrscheinlich waren's Waldarbeiter. Ein Wunder war's trotzdem. Denn ein Wunder ist, wenn geschieht, was mir gerade jetzt hilft.

"Du musst nur zu sehen lernen, wie er dich so väterlich führt;
auch heute gibt er dir seine Hand, so greif doch zu und schlage sie nicht aus!"

Mit freundlichen Grüßen

Heinrich Tischner